Der Marienberg nördlich der Altstadt ist mit rund 79 m Höhe die markanteste Erhebung im weiten Umkreis. Hier stand in spätslawischer Zeit das Heiligtum des dreiköpfigen Gottes Triglaw, das bereits 1166 einer Marienkirche gewichen war. Die Wallfahrt zu einem wundertätigen Marienbild war offenbar so erfolgreich, dass man etwa 1220-1240 einen monumentalen Neubau auf der Kuppe des Berges setzte, der ohne Parallele ist und zu den bedeutendsten Bauten der norddeutschen Frühgotik zählen muss.
1435 wurde auf Initiative des Kurfürsten Friedrich I. an der Marienkirche ein zunächst vom Domkapitel abhängiges Prämonstratenserstift eingerichtet und der 1440 von Kurfürst Friedrich II. gestiftete „Schwanenorden“ mit dem Stift verbunden. Der hochadlige Ritterorden hatte staatstragende Bedeutung für die Herrschaft der Hohenzollern, sein zentraler Versammlungsort war die traditionsreiche Marienkirche. Im Zusammenhang mit der Stiftsgründung entstand ein zentralbauartiger Bau in betont altertümlichen Formen, der westlich an die Marienkirche anschloss. Dessen niedrige Unterkirche war dem hl. Leonhardt geweiht und diente dem Totenkult verstorbener Stiftsmitglieder.
Die Marienkirche in diversen Abbildungsformen:
Abbruch
Vor dem Abbruch verfertigte Antoine de Vignolles eine zeichnerische Aufnahme, bei der es sich um eine bemerkenswert frühe denkmalpflegerisch motivierte Verlustdokumentation handelt. Auf dem Marienberge stand bis zum Jahre 1722 die Marienkirche. Sie wurde um das Jahr 1220 an Stelle der vom Wendenfürsten Pribislaw errichteten Kirche neu erbaut. Der Grundriss des viertürmigen Zentralbaues bildete ein griechisches Kreuz, dessen Arme halbrunde Abschlüsse hatten. In den einspringenden Ecken des Kreuzes standen vier Türme. Die Kirche war in ganz Deutschland als Wahlfahrtskirche berühmt und wurde wegen ihres wundertätigen Marienbildes vielbesucht.
Die Marienkirche wird nach ihrem Niedergang als Wallfahrtskirche als Klosterkirche wiederbelebt. Kurfürst Friedrich I. stiftet 1437 gründete im Jahre 1435 neben der Kirche ein Prämonstratenserkloster, das vom Brandenburger Domkapitel besetzt wurde.
Das herausragende Bauprojekt dieser Zeit war die 1722/23 abgebrochene Wallfahrtskirche St. Marien auf dem ehemaligen Harlunger Berg (heute Marienberg) ein viertürmiger Zentralbau mit kuppeligen Gewölben, errichtet über dem Grundriss eines griechischen Kreuzes, im Aufriss eine Emporenhalle. Als eine Art Stadtkrone überragte dieses Hauptwerk spätromanischer Architektur in der Mark die zu Füßen des Berges entstehenden Siedlungen. (Harald Bodenschatz/Carsten Seifert, STADTBAUKUNST BRANDENBURG AN DER Havel, 1992, S. 39)
Vor der Einrichtung des Prämonstratenser 1435 hielten neben den Dominikanern und Prämonstratenser auch die Brandenburger Franziskaner in der Kirche auf dem Harlungerberg, dem Zentrum einer Marienwallfahrt, Stationsgottesdienste und Predigten. Die Franziskaner predigten zu Mariä Verkündung (25.März), am Ostermontag, der als Tag der Weihe der Marienkapelle auf dem Harlungerberg (nach Geburt Mariä, 8. September, an den Tagen der heiligen Elisabeth und des hl. Jodokus, am zweiten Freitag im Advent und in den Fasten sowie die gesamte Fastenzeit hindurch.
1440 stiftete Kurfürst II. bei seinem Amtsantritt am 29. September zur Sicherung des Revitalisierungsprozesses den Schwanenorden mit der Marienkirche als Sitz, um dem märkischen Adel einen festeren sittlichen Halt zu geben. Für die Versammlungen der Ordensritter wurde an der Westseite der Kirche ein gotischer Anbau errichtet, die Leonhardskapelle (1443 fertiggestellt). Damit war der landesweite Rang der Marienkirche wiederhergestellt. Die Brüderschaft wurde allerdings 1554 wieder aufgelöst.
Anlässlich der Weihe des Kreuzgangs 1440 durch Bischof Stephan Bodeker von Brandenburg wurde dem Konvent ein 40tägiger Ablass gewährt.
Mit der Einführung der Reformation wurde das Kloster eingezogen und auch der Schwanenorden verlor an Bedeutung. Kloster und Kirche verödeten. Alles, was Wert hatte, wurde gestohlen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts fiel das Dach der Kirche ein.
Nach 1529 löste sich der Konvent wieder auf, die errichteten Klostergebäude wurden abgetragen.
Am Marienstift auf dem Berge durften seit 1539 keine neuen Chorherren mehr aufgenommen werden. Einige sollen nach Italien ausgewandert sein. Schließlich blieb nur noch der Propst mit dem verödeten Kloster zurück. Er verließ es dann auch und starb 1557 im Franziskanerkloster in der Altstadt Brandenburg. Im Jahre 1552 erhielt das Brandenburger Domkapitel die verlassene Kirche, und 1557 wurden die baufälligen Klostergebäude abgetragen.
Im Jahre 1722 ließ Friedrich Wilhelm I. die Kirche abbrechen, um Steine für den Bau des Potsdamer Waisenhauses zu gewinnen.
Alle vier Formsteine, die sich in der Sammlung des Stadtmuseums Brandenburg an der Havel befinden, werden der Marienkirche zugeschrieben; woher diese Vermutung stammt, ist jedoch nicht geklärt. Die heute Marienberg genannte Erhebung im Nordwesten der Stadt krönte in der slawischen Zeit ein Triglaff-Heiligtum. Dieses wurde durch eine Wallfahrtskirche mit einem Marienpatrozinium ersetzt. Ausgehend von der Baustelle des Domes entwickelte sich in Brandenburg im Verlauf des 13. Jahrhunderts eine eigene Backstein-Bauplastik, deren herausragendes Bauprojekt die Marienkirche auf dem Harlunger Berg war.
STADTBAUKUNST - Brandenburg an der Havel
Der barocke Erneuerungsprozess ist- wie Gottschlings Ausführungen zeigen- zugleich ein partieller Zerstörungsprozess mittelalterlicher Bausubstanz, Malerei und Gebäudeausstattung. Das nicht mehr geschätzte Alte muss dem angeblich besseren Neuen weichen. Dieses Motto trifft für einen Vorgang nicht zu, welcher der Stadt Brandenburg einen unermesslichen Schaden zugefügt hat: der Abriss der schon reichlich verfallenen Marienkirche auf dem Marienberg. Gottschlings vermerkt dazu nur, dass mit dem Abbruch der alten Wallfahrtskirche am 20. April 1722 >> auf hohen Befehl<< begonnen worden ist (S.167). Der Befehl kam, wie jener zur Zwangsvereinigung, von Friedrich Wilhelm I. Wie kein anderes Ereignis verdeutlicht dieses >> Zerstörungswerk << (Tschirch 1928 II, S. 113) die neuen Abhängigkeitsverhältnisse der vereinigten Stadt Brandenburg. Trotz heftiger Proteste des Domkapitels und des Brandenburger Magistrats wird der Abbruch vollzogen, ein Abbruch, dessen banales Motiv vor allem der Bedarf an Baumaterial ist, an Baumaterial für die neue Residenzstadt Potsdam, für Militäreinrichtungen, konkret: für das Potsdamer Militärwaisenhaus.
Die Veranlassung zu der >> Verwüstung <<gibt, so="" die="" darstellung="" von="" anton="" friedrich="" büsching="" 1780,="">> ein gewisser Obrist <<, welcher große Schätze in den Mauern und in dem Grunde der Kirche zu finden hoffte, und weil damals zu Potsdam stark gebauert wurde, den König Friedrich Wilhelm überredete, die Kirche abbrechen zu lassen, und sich der Steine derselben zu dem Bau in Potsdam zu bedienen. Der Magistrat zu Brandenburg suchte die Abbrechung durch die nachdrücklichsten Vorstellungen zu verhindern, ja, er erbot sich endlich, daß er zu dem Potsdamschen Bau aus seinen Ziegelbrennereyen für 400 Thaler Steine liefern und schenken wolle. Es war aber nicht nur diese Vorstellung und Anerbietung, sondern auch die Abbrechung der Kirche vergeblich, denn die Steine mußten wegen der Festigkeit größentheils zerschlagen werden, so daß die brauchbaren, welche übrig blieben, nicht funfzig Thaler werth waren, und man fand nichts. Zwar entdeckte man einen unterirdischen Gang, aber keinen Schatz in demselben. << (S.305f.)
Die brauchbaren Steine der alten Kirche werden über die Havel nach Potsdam gebracht. Die schlechten, zerstückelten Steine bleiben zurück. >> Vornehme und geringe Leute brachten sie fort und verbrauchten sie: insbesondere aber durfte der die hiesige Garnison damals commandirende Oberst von Massow, welcher beim Könige sehr angesehen sehr angesehen war, einen großen theil jener Baumaterialien benutzen, theils um das Freihaus in der Ritterstraße, theils um das Vorwerk vor der Altstadt, das noch jetzt seinen Namen trägt und mancherlei Freiheiten genießt, anzulegen. << Heffter betont den finanziellen Misserfolg des ganzen Unternehmens: >> Die Kosten des Niederreißens beliefen sich weit höher als die wenigen brauchbaren Steine werth waren.<<
Mit der Zerstörung eines der stadtidentitätsbildenden Großbauten des Mittelalters wird eine barbarische Tradition fortgeführt: die Anmaßung von Herrschern, überkommenes Kulturgut für eigene Zwecke plündern zu dürfen.
Literatur:
Harald Bodenschatz/Carsten Seifert, STADTBAUKUNST – BRANDENBURG AN DER HAVEL – VOM MITTELALTER BIS ZUR GEGENWART, Transit, Berlin 1992
Anton Friedrich Büsching, Beschreibung einer Reise von Berlin über Potsdam nach Rekahn unweit Brandenburg, welche er vom dritten bis achten Junius 1775 gethan hat. Frankfurt, Leipzig 1775, 1780 (2. Auflage)
Friedrich Grasow, Brandenburg die tausendjährige Stadt. Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte. Im Auftrag des Magistrats Brandenburg 1927
M. W. Heffter, Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg, 1840
Gerda Arndt, Die Geschichte des Schwanenritterordens zu Brandenburg-Ansbach, in: 5. – 6. Jahresbericht 1995 – 1997